Befreiendes Nichtwissen

 Nur wenn wir wieder bereit sind, uns darauf einzulassen, nichts darüber zu wissen, wie das Leben funktioniert oder funktionieren soll, wie die (in Wahrheit nicht existierende) Zukunft aussehen wird, wie die Welt sich dreht und welchen Platz wir darin einnehmen sollen, wer wir sind und wo wir herkommen, fügen wir uns wieder in den natürlichen Lauf des Lebens ein, in dem keine Fragen mehr gestellt, keine Versuche des Einmischens unternommen, keine Wünsche nach Veränderung laut werden und keine Überlegungen zu richtig oder falsch mehr nötig sind, weil gesehen wird, dass es einfach genau das ist, was gerade erscheint. Und dass es so, wie es erscheint, in absoluter Stimmigkeit mit sich selbst noch nicht einmal den Fragenden übrig lässt, der zuvor noch mühevoll damit beschäftigt war, über das, was nicht gewusst werden kann, mehr zu erfahren und noch mehr zu wissen, um das Leben in die Hand zu nehmen, das in niemandes Hände passt.

wie eine Fingerspitze, die nicht auf sich selbst zeigen kann, verhält es sich mit dem Wissen, das im natürlichen Lauf des Lebens vollautomatisch erscheint, aber von niemandem gewusst werden kann. Das Ich, das am liebsten alles schon im Vorhinein wissen will, ist selbst nur ein im Allwissen erscheinender Gedanke und hat keinen Zugang zu dem, worin es erscheint. Auch der Verstand kommt durch den Versuch zu verstehen diesem Mysterium also nicht näher, weil er nur in sich selbst sucht und sich ständig im Kreis bewegt.

Was bleibt nun, als sich diesem (so befreienden) Nichtwissen hinzugeben, alles über Bord zu werfen, was wir bisher zu wissen glaubten, sich der Wahrheit zu öffnen und sich vollkommen in das hineinfallen zu lassen, was nicht vorweggenommen, verstanden, erahnt oder erfasst werden kann, aber auch von niemandem werden muss. Wie ungemein erleichternd ist es, diese Last des Wissen- und damit Lenkenwollens loszulassen und sich schwerelos im natürlichen Lauf des Lebens nichtsahnend und unschuldig wie ein Kind treiben zu lassen - zurück in das, was sich als alles erscheint, aber dennoch ungreifbar bleibt.
#letitbe #naturalstateofbeing